Einige Stadtteile Istanbuls wie Beyoglu gelten für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle als sicher und werden von der queeren Szene stark geprägt. In den letzten Jahren boomt Istanbul mit einem vielfältigen Angebot an Gay Kneipen, Bars, Clubs und Hostels als Metropole einer blühenden homosexuellen Szene auch für Touristen. Seit 2003 hat Istanbul seinen jährlich von der Organisation „LGBTI Istanbul“ veranstalteten LGBTI Pride March. Nachdem im ersten Jahr 30 Personen teilnahmen, versammelten sich im Zuge der “Gezi-Park”-Demonstrationen im Juni 2013 Tausende von Homo‑, Bi‑, Hetero- und Transexuellen sowie sich solidarisierenden Gezi Park-Demonstranten am Taksim-Platz in Istanbul, um gegen den türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan und gegen Homophobie zu protestieren.
Die LGBTI Pride in Istanbul gilt als die größte Pride Parade in Osteuropa. Aber auch dort, wo Queers ihre sexuelle Identität in der Öffentlichkeit leben können, sind Homo- und Transphobie noch immer ein Problem. Durch den Einfluss der Regierung Erdogans ist darüber hinaus ein wachsender religiöslegitimierter, konservativer Einfluss spürbar. Die Stimmen, die auf diesen Missstand aufmerksam machen wollen, werdenlauter. Gleichzeitig ist aber auch in der “westlichen Welt” die Perspektive zu vernehmen, welche die “türkische und arabische” Welt als zunehmend homophob konstruiert.
Ausgehend von dem Forschungsseminar “Global City Istanbul” bei Prof. Dr. Sabine Hess und Dr. Gerda Heck am Institut für Kulturantropologie der Universität Göttingen entwickelten wir ein Ausstellungskonzept, um unsere gewonnen Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können.
Unsere Fotografien, Sound- und Filminstallationen zeigen Jugendliche, die in einer Schwulenbar auf der Bühne türkische, sehnsuchtsschwangere Liebeslieder singen und Bauchtanz in Frauenkleidern vorführen, Crossdresser-Jugendliche im Macka-Park, über welche wir beim Pride-Picnic im Park eine kurdische Transfrau kennenlernten, die als Sexarbeiterin arbeitet und von ihren Diskriminierungen seitens der Polizei erzählt.
Filmausschnitte zeigen die Verleihung des Anti-Homophobie-“Hormonlu Domates”-Awards, die von der verzaubernden und mitreißenden Mademoiselle Coco moderiert wurde. Wir entwickelten einen Film zur “Queer Art”-Ausstellung, die von jungen Istanbuler Kunstfreud*innen organisiert wurde. Merve, eine Trans-Sexarbeiterin, lud uns zum Frühstück zu sich ein und erlaubte uns, einen Interviewfilm mit ihr zu drehen.
Insbesondere freut es uns, dass wir die Istanbuler Künstlerinnen Ceren Saner und Elif KK für uns gewinnen konnten. Ihre Kunstwerke, die sich mit Liebe und Sexualität auseinandersetzen, werden in unserer Ausstellung zu sehen sein. Ceren Saner wird zum Abschluss der Ausstellung am Sonntag, den 14. Dezember, persönlich erscheinen und bei einem Photo Showing tiefere Einblicke in ihre Kunstarbeit gewährleisten.
Mit unserer Ausstellung wollen wir sicht- und hörbarer Teil eines wichtigen Diskurses sein, eine Plattform des regen Austauschs und der lebendigen, kritischen, handlungsinteressierten Kommunikation werden und mit unserem ethnografischen Ansatz in Kombination mit queer-feministischen Exponaten einen Beitrag zur zeitgenössischen Dokumentarkunst leisten.
Für weitere Informationen besuchen Sie gerne die Homepage www.queerstanbul.com oder per E‑Mail unter: queerstanbul@gmail.com