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Eine Norm bezeichnet gesell­schaft­liche Erwar­tungen und Ansprüche an Menschen. Diese werden sozial, manchmal auch medizi­nisch oder rechtlich kontrol­liert, indem Abwei­chungen markiert und ggf. bestraft werden, bspw. durch Diskri­mi­nierung, Patho­lo­gi­sierung oder Krimi­na­li­sierung. In Bezug auf queere Menschen sind vor allem Hetero­nor­ma­ti­vität und Cisnor­ma­ti­vität relevant, aber auch normative Vorstel­lungen von Familien. Es wird also voraus­ge­setzt, dass alle Menschen hetero- und allose­xuell sowie cis- und endoge­schlechtlich sind und zudem eine Famili­en­struktur anstreben, die aus einer Mutter, einem Vater und deren biolo­gi­schen Kindern besteht. Wird eine dieser Voran­nahmen nicht bestätigt, löst dies oftmals Irrita­tionen aus, die zu Diskri­mi­nierung führen können.

Ein Outing bezeichnet im Gegensatz zum Coming-out das unfrei­willige Offen­baren der eigenen sexuellen Orien­tierung oder geschlecht­lichen Identität durch eine andere Person. Oftmals ist dies mit der Absicht verbunden, der geouteten Person zu schaden. Ein Outing verletzt die Privat­sphäre eines Menschen und kann schwer­wie­gende Schäden zur Folge haben. Besonders im deutschen Sprach­ge­brauch werden die Begriffe Coming-out und Outing aller­dings häufig synonym verwendet. Deswegen wird zwischen ‚sich outen‘ und ‚jemanden outen‘ unter­schieden, um den Aspekt der Selbst- respektive Fremd­be­stimmung sichtbar zu machen. Manchmal wird in Bezug auf das fremd­be­stimmte Outing auch von einem Zwangs­outing gesprochen.

Panse­xua­lität/-romantik enthält das altgrie­chische Wort ‚pan‘ für ‚alles‘. Der Begriff beschreibt demnach die sexuelle und/oder roman­tische Anziehung zu Menschen aller Geschlechter oder unabhängig vom Geschlecht. Von der Bisexua­lität lässt sich die Panse­xua­lität dadurch abgrenzen, dass bisexuelle Menschen sich zum eigenen und zu anderen, aber nicht unbedingt zu allen Geschlechtern hinge­zogen fühlen. Für diese Personen kann Geschlecht dabei ein wichtiger Faktor der Anziehung sein. Dies ist für panse­xuelle Personen meist nicht der Fall. Zwischen den Begriffen bi- und panse­xuell gibt es aller­dings auch Überschnei­dungen. Entscheidend ist im Zweifelsfall immer, welche Selbst­be­zeichnung die jeweilige Person für sich wählt.

Der 1871 durch den Norddeut­schen Bund einge­führte Paragraf 175 stellte sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe. 1935 wurde er durch die Natio­nal­so­zia­listen erheblich verschärft. Die Bundes­re­publik Deutschland (BRD) übernahm das Gesetz zunächst in unver­än­derter Fassung und entschärfte es 1969. Endgültig abgeschafft wurde der Paragraf 175 erst 1994. Bis dahin wurden in der BRD rund 50.000 Männer wegen gleich­ge­schlecht­licher ‚Unzucht‘ verur­teilt. Neben den indivi­du­ellen recht­lichen Folgen verur­sachte der Paragraf ein tiefgrei­fendes gesell­schaft­liches Stigma. So wurden schwule Männer umgangs­sprachlich auch ‚175er‘ genannt.

2017 erkannte die BRD das geschehene Unrecht an, hob die meisten Urteile nach Paragraf 175 auf und ermög­lichte finan­zielle Entschä­di­gungs­leis­tungen für ehemals Verur­teilte.

Passing leitet sich von dem engli­schen Wort ‚to pass‘ (dt. ‚als etwas durch­gehen‘) ab. In Bezug auf Geschlecht bedeutet Passing, dass einer trans* oder inter* Person ihre Abwei­chung von der cisge­schlecht­lichen Norm nicht anzusehen ist – z. B. wenn ein trans* Mann von seiner Umgebung als cis Mann wahrge­nommen wird. Ein ‚gutes Passing‘ ist für viele Menschen ein Ziel der Transition: Sie wollen nicht mehr als trans* oder inter* erkennbar sein. Das hat unter anderem den Grund, dass Menschen, die als trans* oder inter* erkannt werden – also ‚schlechtes Passing‘ haben –, in höherem Maße Diskri­mi­nierung und Gewalt erfahren. Passing wird teilweise aber auch als Anpassung an die Norm kriti­siert und daher von vielen explizit nicht angestrebt. Durch Passing gewonnene Sicherheit ist zudem immer daran geknüpft, dass die Normab­wei­chung nicht entdeckt wird.

Patho­lo­gi­sierung beschreibt die Bewertung von grund­sätzlich gesunden Lebens­weisen und körper­lichen Beson­der­heiten (z. B. Varianten der Geschlechts­ent­wicklung, Homose­xua­lität, Trans*) als krankhaft. So werden diese Lebens­weisen und körper­lichen Beson­der­heiten in den Zustän­dig­keits­be­reich der Medizin verschoben, was oft grundlose Begut­ach­tungen und medizi­nische Maßnahmen zur Konse­quenz hat. Hetero­nor­ma­ti­vität und Cisnor­ma­ti­vität geben dabei vor, welche Erschei­nungen als krankhaft gedeutet werden. Inter­ge­schlecht­lichkeit etwa darf nach dieser Norm nicht existieren. Inter­ge­schlecht­liche Körper werden deshalb patho­lo­gi­siert, obwohl sie meist völlig gesund sind. Infol­ge­dessen werden nicht notwendige medizi­nische Maßnahmen mit teilweise weitrei­chenden Auswir­kungen vorge­nommen. Auch Homose­xua­lität wurde erst 1990 aus dem Diagno­se­ka­talog der Weltge­sund­heits­or­ga­ni­sation (WHO) gestrichen.

In Deutschland gehören zum Perso­nen­stand z. B. Geschlechts­eintrag, Name, Geburts­datum und Geburtsort. Darüber kann die juris­tische Identi­fi­kation eines Menschen erfolgen. In queeren Kontexten ist der Perso­nen­stand vor allem für die Änderung des Vornamens und des Geschlechts­ein­trages relevant, z. B. wenn diese im Rahmen einer Transition geändert werden sollen. Inter*, trans* und nicht-binäre Menschen können diese Perso­nen­stands­an­gaben in Deutschland zurzeit nicht selbst­be­stimmt ändern, sondern müssen sich dazu fremd­be­stimmten Prozessen und Begut­ach­tungen aussetzen.

Hinweis:

Das geplante Selbst­be­stim­mungs­gesetz soll das jetzige Verfahren zur Änderung von Vornamen und Perso­nen­stand ablösen.

Polyamorie beschreibt Bezie­hungs­kon­stel­la­tionen, die aus mehr als zwei Personen bestehen. Hierbei gibt es eine Vielfalt verschie­dener möglicher Bezie­hungs­formen, die sich an den Wünschen und Bedürf­nissen der Bezie­hungs­per­sonen orien­tieren. Polyamore Bezie­hungen sind für alle invol­vierten Menschen einver­nehmlich. Sie können dementspre­chend nicht mit Fremd­gehen gleich­ge­setzt werden. Sie sind außerdem, ähnlich wie monoamore ‚Eins-zu-eins-Bezie­hungen‘, auf die langfristige Fürsorge fürein­ander und sexuelles und/oder roman­ti­sches Mitein­ander gerichtet. Polygamie hingegen beschreibt Ehen mit mehr als zwei Ehepartner*innen. Sie wird oftmals mit patri­ar­chalen Verhält­nissen assoziiert, bei der ein Mann mit mehreren Frauen verhei­ratet ist.

Polyse­xua­lität bezeichnet die sexuelle Orien­tierung von Menschen, die sich zu mehreren Geschlechtern – aber nicht unbedingt zu allen – sexuell hinge­zogen fühlen. So fühlen sich manche polyse­xuelle Menschen z. B. zu männlichen und nicht-binären, aber nicht zu weiblichen Personen hinge­zogen. Polyse­xua­lität ist auch der Überbe­griff für sexuelle Orien­tie­rungen, die eine Anziehung zu mehreren Geschlechtern beinhalten, wie z. B. Bi- oder Panse­xua­lität. Im Gegensatz zur Polyse­xua­lität steht die Monose­xua­lität, die die Anziehung zu nur einem Geschlecht beschreibt, z. B. Hetero- oder Homose­xua­lität. Der Begriff polyse­xuell wird vor allem verwendet, um die Diskri­mi­nierung von bi‑, pan- und asexu­ellen Menschen zu disku­tieren.

Pronomen sind Wörter, die anstelle eines Nomens stehen. In queeren Kontexten werden mit Pronomen haupt­sächlich Perso­nal­pro­nomen gemeint – also solche, die sich auf eine Person beziehen. Im Deutschen gibt es aller­dings nur männliche (‚er‘) und weibliche (‚sie‘) Pronomen. Welches Pronomen für eine Person gewählt wird, hängt in der Regel davon ab, welches Geschlecht dieser Person aufgrund ihres Aussehens zugeschrieben wird. Vor allem für nicht-binäre Menschen fehlen jedoch in der deutschen Sprache Pronomen, weswegen manche von ihnen Neopro­nomen, also neu geschaffene Pronomen, verwenden. Andere verzichten für sich auf Pronomen und verwenden statt­dessen den Namen. Werden Pronomen nicht respek­tiert, handelt es sich um Misgen­dering. Die Pronomen sollten am besten erfragt und nicht einfach vermutet werden.

Queer (dt. ‚seltsam‘, ‚pervers‘) ist ein Überbe­griff für Menschen, deren Geschlechts­iden­tität und/oder sexuelle Orien­tierung von der Norm abweichen. Das Wort wurde im Engli­schen seit den 1930ern als Belei­digung verwendet. Im AIDS-Aktivismus der 1980er und ‑90er eigneten sich LSBTIQ* Personen queer als positive Selbst­be­zeichnung an. Der Begriff ist bewusst weit und lässt Raum für verschie­denste Sexua­li­täten und Geschlechter, ohne sie definieren zu müssen. Gerade deswegen hat sich queer als Synonym und Sammel­be­griff für LSBTIQ* etabliert. Queer kann jedoch auch einen politi­schen Anspruch der eigenen Identität formu­lieren. Aufgrund dessen und seines Ursprungs als Belei­digung bezeichnen sich nicht unbedingt alle LSBTIQ* Personen als queer.

Queer­feind­lichkeit bezeichnet die Diskri­mi­nierung und Ausgrenzung von Menschen, die nicht der Cis-Heteronorm entsprechen. Sie kann zu sozialer Ausgrenzung, Mobbing, Gewalt­taten und anderen Formen der Unter­drü­ckung führen. Queer­feind­lichkeit findet dabei nicht allein auf indivi­du­eller Ebene statt – vielmehr ist sie insti­tu­tionell verankert. Das bedeutet, dass sie sich in Gesetzen, Richt­linien oder gesell­schaft­lichen Normen ausdrückt, die queere Menschen grund­sätzlich benach­tei­ligen oder ihre Rechte einschränken. Queer­feind­lichkeit ist als Überbe­griff für die vielfäl­tigen Diskri­mi­nie­rungs­er­fah­rungen zu verstehen, die sich je nach Gruppe sowie auch von Person zu Person innerhalb der LSBTIQ* Community unter­scheiden.

Der Begriff questioning wird oftmals von Menschen verwendet, die sich in Bezug auf ihre Identität in einem Suchprozess befinden und noch kein ‚queeres Label‘ für sich gefunden haben. Er kann sich sowohl auf die sexuelle Orien­tierung als auch auf die geschlecht­liche Identität beziehen. Wenn Menschen merken, dass sie nicht der hetero­nor­ma­tiven Norm entsprechen, wissen sie nicht immer sofort mit Sicherheit, wie sie sich definieren wollen. Für viele ist es dann eine Entlastung, sich zunächst als questioning zu beschreiben, um diesen Suchprozess auch nach außen zu verdeut­lichen. Der Begriff kann aber auch dauerhaft als Selbst­be­zeichnung gebraucht werden.

Eine Regen­bo­gen­fa­milie ist eine Familie, in der sich mindestens ein Elternteil der LSBTIQ* Community zugehörig fühlt. ‚Regen­bogen‘ bezieht sich auf die Vielfalt der sexuellen Orien­tie­rungen und geschlecht­lichen Identi­täten, die in der Familie vertreten sein können. Daher sehen Regen­bo­gen­fa­milien auch nicht alle gleich aus, sondern können aus ganz verschie­denen Konstel­la­tionen bestehen. So können Regen­bo­gen­fa­milien etwa sowohl durch Adoption oder Pfleg­schaft als auch durch assis­tierte Repro­duk­ti­ons­tech­niken wie eine Samen­spende entstehen.

Es gibt auch Familien mit queeren Eltern­teilen, die bereits vor ihrem Coming-out Kinder hatten und deren Famili­en­struktur sich im Laufe der Zeit verändert hat. Trans*, inter* und nicht-binäre Personen können ebenfalls Eltern werden und Regen­bo­gen­fa­milien gründen.

Die Regen­bo­gen­flagge ist das wohl bekann­teste Symbol der queeren Community und steht für Vielfalt, Toleranz und Akzeptanz verschie­dener sexueller Orien­tie­rungen und geschlecht­licher Identi­täten. Die Flagge besteht ursprünglich aus sechs horizon­talen Streifen in den Farben Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett. Seit den späten 1970er Jahren dient sie weltweit als Symbol für queere Rechte und Sicht­barkeit. Das Flaggen­design hat sich über die Jahre ausdif­fe­ren­ziert, um weitere queere Identi­täten sichtbar zu machen. Die Regen­bo­gen­flagge gilt jedoch weiterhin als gemein­sames Symbol der LSBTIQ* Community.

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