Queeres Netzwerk Niedersachsen vergibt die „Goldmarien“ 2018
Am 10.11.2018 wurde im Hildesheimer Rathaus in einer öffentlichen Veranstaltung ehrenamtliches Engagement von Lesben, Schwulen, trans*- oder intergeschlechtlichen Menschen geehrt. Organisiert vom Vorjahrespreisträger Andy Küster und seiner Gruppe QUEERBEET in Kooperation mit dem QNN wurde im Ratssaal ein stimmungsvoller und komplett barrierefreier Nachmittag auf die Beine gestellt. Moderiert von Conchita4711, musikalisch beschwingt durch die Gospelvoices Hildesheim und in Gebärden übersetzt von Ursula Vanzella und Susanne Bernhardt.
Ehrenamtliches schwules und lesbisches Engagement und zunehmend die Aktivitäten von trans* oder intergeschlechtlichen Menschen sind nach wie vor das Fundament sowohl für die Mehrzahl der Beratungsangebote für LSBTI* als auch für politische und kulturelle Veranstaltungen vom CSD bis zur Buchlesung. Dieses gilt insbesondere auch für Hildesheim. Abgesehen von der Hildesheimer AIDS-Hilfe mit ihren Angeboten zur Prävention in der Zielgruppe schwule Männer werden alle Angebote von und für LSBTI* seit mehr als 20 Jahren ehrenamtlich organisiert.
So bedeutsam das ehrenamtliche Engagement ist, so unsichtbar bleibt es oft. Deshalb kam bei „SVeN“ — einem Präventionsprojekt der AIDS-Hilfe Niedersachsen — die Idee auf, die Menschen hinter dem Ehrenamt sichtbarer zu machen. Das QNN griff diese Idee auf und so wurde schon 2014 das Konzept der „Goldmarie – der queere Preis für Fleiß“ entwickelt. Wie im Märchen von Frau Holle werden diejenigen geehrt, die anstehende Aufgaben sehen und hinter den Kulissen oft für viele Jahre dafür sorgen, dass es Angebote für LSBTI* in Niedersachsen gibt.
In Hildesheim sind das u.a. die Menschen bei Queerbeet, dem LesBiSchwulen Treff in Hildesheim. Seit 2003 bietet Queerbeet alle 14 Tage die Möglichkeit, sich mit anderen Schwulen und Lesben auszutauschen und Unterstützung bei Fragen zum Coming out zu erhalten. Dazu kommen die Organisation von Partys in Hildesheim sowie die Präsentation des Angebots im Internet.
Dieses 15-jährige Engagement blieb auch auf der Landesebene nicht unbemerkt. Stellvertretend für die Gruppe wurde daher im letzten Jahr Andy Küster mit der Goldmarie für queeren Fleiß ausgezeichnet. Für 2018 holte die Gruppe nun die Verleihung der Goldmarie nach Hildesheim. Neben den Gruppenabenden wurde — ebenfalls ehrenamtlich — alles auf den Weg gebracht, um zunächst in Kooperation mit dem Queeren Netzwerk Niedersachsen die Preisverleihung im Rathaus durchzuführen und anschließend dann noch eine Party zu feiern.
Alle bisher geehrten Menschen verbindet, dass sie
· unentgeltlich für LSBT* Beratung anbieten,
· CSDs oder Kulturwochen für LSBTI* organisieren,
· Stammtische organisieren,
· oder auf anderen Wege dafür sorgten, dass LSBT* und ihre Themen sichtbar werden.
Die diesjährigen Preisträger*innen wurden jeweils durch eine Laudatio durch die Geschäftsführenden des QNN, Friederike Wenner und Thomas Wilde, geehrt. Den Preis, die Anstecknadel der Goldmarie, überreichte der Erste Stadtrat der Stadt Hildesheim, Malte Spitzer, der sich sehr beeindruckt von der Veranstaltung zeigte, ebenso wie der ebenfalls anwesende Hans Hengelein von Niedersächsischen Sozialministerium. Und in diesem Jahr thematisiert das QNN nun auch erstmals Intergeschlechtlichkeit mit der Goldmarie.
Die diesjährige Preisträgerin Andrea Ottmer bietet seit vielen Jahren in Braunschweig Beratung an zu Transgeschlechtlichkeit. Darüber hinaus engagierte sie sich auch in der Interessenvertretung transgeschlechtlicher Menschen auf Landesebene.
Beate Kohlhaas initiierte im Queeren Zentrum von Braunschweig, dem „Onkel Emma“ Angebote für lesbische Frauen. Dazu gehören ein monatliches Frauencafé und die Veranstaltungsreihe KULTFrauen. Das von ihr organisierte Frauencafé sorgt dabei für mehr Austausch unter lesbischen Frauen. Inhaltliche Impulse setzt die Veranstaltungsreihe mit ihren Lesungen zu lesbischen Themen.
Der dritte Preisträger Florian Zurheide war Mitbegründer einer schwulen Jugendgruppe in Göttingen und hat mit anderen Aktiven zusammen die Gruppe zu einem Treffpunkt weiterentwickelt, der alle Altersgruppen mit seinem thematischen Abenden anspricht.
Eine Besonderheit ist schließlich die zum Thema Intergeschlechtlichkeit vergebene Goldmarie. Bei Intergeschlechtlichkeit sind die gesellschaftlichen Verhältnisse nach wie vor so, dass intergeschlechtliche Menschen kaum offen auftreten. Auch stehen die Beratungsangebote erst am Anfang. So gibt es nur eine einzige Beratungsstelle für intergeschlechtliche Menschen in Deutschland – in Niedersachsen finanziert aus Mitteln des Landes Niedersachsen. Trotzdem ist auch in Niedersachsen ehrenamtliche Beratungsarbeit dringend erforderlich, um dem Bedarf auch nur annähernd gerecht zu werden. Das Beratungsangebot für intergeschlechtliche Menschen und ihre Eltern ist ohne diese Ehrenamtlichkeit nicht denkbar. Insofern möchte das QNN mit der Goldmarie für „Intergeschlechtlichen Fleiß“ jetzt auf dieses Engagement hinweisen – auch wenn die ehrenamtlich Tätigen sich noch nicht zeigen möchten.