Queer­po­li­ti­scher Blick auf den Koali­ti­ons­vertrag

Vier Wochen nach der Landtagswahl haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen ihren Koali­ti­ons­vertrag der Öffent­lichkeit  vorge­stellt.

 

Doch was sieht der neue Koali­ti­ons­vertrag in Bezug auf queere Themen vor?

 

Das QNN hatte zur nieder­säch­si­schen Landtagswahl  queer­po­li­tische Forde­rungen aufge­stellt und diese in Querschnitts­themen zusam­men­ge­fasst. Im Folgenden haben wir unsere Forde­rungen thema­tisch den jewei­ligen Orginal­zi­taten aus dem Koali­ti­ons­vertrag gegenüber gestellt.

 

Die Querschnitts­themen Arbeit, Beratung & Selbst­hilfe, Gesundheit, Kinder & Jugend, Öffent­liche Sicht­barkeit, Pflege und Alter, Regen­bo­gen­fa­milien und Sport wurden im neuen Koali­ti­ons­vertrag nicht dezidiert aufge­griffen.

 

Daher finden sich im folgenden nur die Querschnitts­themen Allgemein queer­po­li­tische Forde­rungen, Bildung & Schule, Gleich­stel­lungs­po­litik, Migration & Flucht sowie Polizei & Justiz.

Allge­meine Queer­po­li­tische Forde­rungen

Das QNN fordert:

  • Ergänzung von Artikel 3 der nieder­säch­si­schen Verfassung, um das Merkmal der sexuellen und geschlecht­lichen Identität.
  • Akzeptanz und diskri­mi­nie­rungs­freie Teilhabe von queeren Menschen als Querschnitts­aufgabe in allen Minis­terien und Verwal­tungs­be­hörden etablieren.
  • Insti­tu­tio­na­li­sierte Förderung der landes­weiten queeren Selbst­or­ga­ni­sa­tionen und Inter­es­sens­ver­tre­tungen.
  • Bedarfs­ge­rechte Finan­zierung regio­naler queerer Angebote.
  • Erwei­terung des NDR-Rundfunk­rates um einen queeren Vertre­tungssitz.

Das sagt der Koali­ti­ons­vertrag:

„Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, inter*, nicht-binäre und queere Menschen (LSBTIQ*) sind Teil unserer Gesell­schaft. Sie sollen in Nieder­sachsen frei, selbst­be­stimmt und ohne Angst leben können. Um queeres Leben in Nieder­sachsen sichtbar zu machen und Vorur­teile abzubauen, wollen wir nach dem Vorbild der „Kampagne für sexuelle und geschlecht­liche Vielfalt in Nieder­sachsen“ einen Landes­ak­ti­onsplan auflegen. Beratungs­an­gebote wollen wir bedarfs­ge­recht ausbauen. Das Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zur sogenannten Dritten Option werden wir konse­quent in allen Bereichen der unmit­tel­baren und mittel­baren Landes­ver­waltung umsetzen. Wir begrüßen deshalb auch das geplante Selbst­be­stim­mungs­gesetz auf Bundes­ebene. Außerdem streben wir an, den Schutz vor Diskri­mi­nierung aufgrund der sexuellen Identität in der Nieder­säch­si­schen Verfassung zu verankern.

S.93

 

Bildung & Schule

Das QNN fordert:

  • Schul­recht­liche Vorgaben zum sensiblen Umgang mit trans*, inter* und nicht-binären Schüler*innen im Sinne einer selbst­be­stimmten geschlecht­lichen Identi­täts­ent­wicklung.
  • Ausbau der Förderung der Bildungs- und Antidis­kri­mi­nie­rungs­arbeit von SCHLAU Nieder­sachsen.
  • Förderung von Beratungs- und Unter­stüt­zungs­an­ge­boten für Schulen und Lehrkräfte zu sexueller und geschlecht­licher Vielfalt, wie z.B. das Projekt ‚Schule der Vielfalt* Nieder­sachsen‘.
  • Veran­kerung von sexueller und geschlecht­licher Vielfalt als Querschnitts­themen in den Lehrplänen, sowie in der Aus- und Weiter­bildung pädago­gi­scher Berufe.
  • Schul­form­über­grei­fende Empfeh­lungen zum geschlech­ter­sen­siblen Sprach­ge­brauch in Lehrma­te­rialien, sowie im Schrift­verkehr und amtlichen Dokumenten.

Das sagt der Koali­ti­ons­vertrag:

„Schulen sind Orte der Vielfalt. Die Lebens­rea­lität und damit die Belange unter­schied­licher Kinder und Lehrkräfte bilden wir in den Kerncur­ricula, dem Schul­alltag und der Schul­or­ga­ni­sation ab. Hierbei werden wir sowohl Fortbil­dungen und Diversity-Trainings als auch Unter­stützung zur Verfügung stellen. Für alle an Schule betei­ligten Akteure werden wir bedarfs­ge­rechte Beratungs­an­gebote zum Umgang mit Vielfalt, etwa LGBTIQ*, schaffen. So werden wir die Arbeit von „SCHLAU” als Peer-To-Peer-Angebot sichern, aber auch für Lehrkräfte und Schul­lei­tungen ein angemes­senes Angebot in Fragen der Vielfalt vorhalten. Unser Ziel ist es darüber hinaus Geschlech­ter­ste­reotype zu überwinden. Schul­ma­te­rialien, Lehrpläne und Unter­richt wollen wir mit Blick auf migra­ti­ons­ge­sell­schaft­liche Entwick­lungen sowie die Koloni­al­ge­schichte refor­mieren und den Eurozen­trismus in der Lehre reflek­tieren.“

S.66

 

Gleich­stel­lungs­po­litik

Das QNN fordert:

  • Erwei­terung des Nieder­säch­si­schen Gleich­be­rech­ti­gungs­gesetz (NGG) auf alle Geschlechter.
  • Landes­weite Vorgaben zur Gleich­stellung aller Geschlechter in der kommu­nalen Gleich­stel­lungs­po­litik.
  • Landes­weite Empfeh­lungen für einen gender­ge­rechten Sprach­ge­brauch in Verwaltung und Behörden.
  • Schaffung von gender­neu­tralen sanitären Anlagen in öffent­lichen Gebäuden.

Das sagt der Koali­ti­ons­vertrag:

„Um unseren Fokus auf Bestands­sa­nie­rungen abzusi­chern, werden wir die Nieder­säch­sische Bauordnung (NBauO) um eine Umbau­ordnung ergänzen. Die NBauO muss auch die Heraus­for­de­rungen des Klima­schutzes, der geschlecht­lichen Vielfalt, des Flächen­mangels, des Wasser­schutzes sowie der Biodi­ver­sität berück­sich­tigen.“

S.19

 

Migration & Flucht

Das QNN fordert:

  • Einrichtung einer Projekt­fach­stelle zur Unter­stützung und Beratung von queeren Geflüch­teten, Migrant*innen und deren Selbst­or­ga­ni­sa­tionen.
  • Etablierung von sicheren Erstauf­nah­me­stellen und Unter­künften für queere Geflüchtete und Schulungen für Mitar­bei­tende.
  • Förderung von Projekten für queere Geflüchtete und queerer migran­ti­scher Selbst­or­ga­ni­sa­tionen.

Das sagt der Koali­ti­ons­vertrag:

„Das verbind­liche Schutz­konzept der LAB NI für besonders schutz­be­dürftige Menschen (u.a. Frauen und Kinder) wird fortge­schrieben. Dazu gehört die Schaffung von mehr sicheren Unterbringungsmöglichkeiten/Safe Houses für bspw. queere Geflüchtete. Es werden ab Ankunft niedrig­schwellig Beratungen in Koope­ration mit den entspre­chenden Menschenrechts‑, Frauen- und queeren Organi­sa­tionen angeboten.“

S.95

 

Polizei & Justiz

Das QNN fordert:

  • Einrichtung einer zivil­ge­sell­schaft­lichen Anlauf- und Beratungs­stelle für die Opfer von queer­feind­licher Hasskri­mi­na­lität und Mobbing.
  • Schulungen für Bedienstete der Polizei zu den Themen sexuelle und geschlecht­liche Vielfalt.
  • Eine LSBTIQ* Ansprech­person in jeder Polizei­in­spektion.
  • Schulungen von Personal in Justiz­be­hörden über die aktuellen gesetz­lichen Grund­lagen zu sexueller und geschlecht­licher Vielfalt.
  • Anerkennung des dgti-Ergän­zungs­ausweis in sämtlichen nieder­säch­si­schen Behörden und Insti­tu­tionen.

Das sagt der Koali­ti­ons­vertrag:

„Wir stehen entschlossen an der Seite der queeren Menschen und setzen uns für eine konse­quente Bekämpfung von Hasskri­mi­na­lität in Nieder­sachsen ein. Hierbei werden wir prüfen, wie wir die Polizei­liche Krimi­na­li­täts­sta­tistik (PKS) um eine diffe­ren­zierte Erfassung zum Beispiel von Gewalt­taten gegen LSBTIQ* erweitern können.

S.104

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