Fachtag Geschlechtliche Vielfalt in der Gesundheitsversorgung
Ganztägige Veranstaltungen am Wochenende sind nicht sonderlich beliebt, insbesondere für Fachkräfte nach einer langen Arbeitswoche. Und doch folgten viele Menschen der Einladung zum Fachtag „Geschlechtliche Vielfalt in der Gesundheitsversorgung“. Insgesamt 50 Menschen aus unterschiedlichen Fachrichtungen (Pflegekräfte, Mediziner*innen, Hebammen, Studierende) versammelten sich zu Input, Austausch und Vernetzung in Hannover.
In einem vielschichtigen Input hat Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß den Fachtag inhaltlich eingeleitet. Er konnte anschaulich verdeutlichen, dass das Ringen um queere Rechte älter ist, als viele glauben. Und dass dieses Ringen niemals nachlassen darf, denn stets sind Errungenschaften der geschlechtlichen Vielfalt stark umkämpft. Anschließend haben einige trans*, inter* und nicht-binäre Vertreter*innen von Selbstorganisationen von ihren eigenen Erfahrungen mit dem Gesundheitswesen berichtet. Sie erfuhren viel Diskriminierung, Beschämung, völliges Unwissen über ihre Körper und Lebensrealitäten, sowie allzu oft eine unangebrachte Neugier. In anschließenden Workshops konnten die Teilnehmenden interessengeleitet viel über Hormone und deren Wirkung auf den Körper und den Umgang mit Eltern intergeschlechtlicher Kinder in der Geburtsklinik lernen. In weiteren Workshops wurde sich mit der professionellen Pflege von trans*, inter* und nicht-binären Menschen, sowie der geschlechtlichen Vielfalt im Praxisalltag auseinandergesetzt.
Deutlich geworden ist: Trans*, inter* und nicht-binäre Menschen erwarten von der Gesundheitsversorgung genau das, was sich alle Menschen von ihr erhoffen: Eine individuelle Versorgung entsprechend ihrer aktuellen Bedarfe. Doch erleben sie oft, dass medizinisches Personal nur wenig über ihre Körper und spezifischen Bedürfnisse weiß, oder diese sogar pathologisiert. Deshalb entwickeln viele trans*, inter* und abinäre Menschen eine Ferne zum Gesundheitswesen und nehmen Gesundheitsdienstleistungen oft nur im akuten Notfall in Anspruch. Gleichzeitig sind trans*, inter* und abinäre Personen von erhöhten Gesundheitskrisen betroffen, denn Diskriminierung und Minderheitenstress machen krank! Oder sie bringen spezielle Bedarfe mit, wie eine Hormonsubstitution und benötigen eine sensible und spezifische Beratung und Behandlung.
Der Fachtag ging nun schon in die zweite Runde. Bereits im letzten Jahr fand er in Braunschweig statt und war auch dort ein voller Erfolg. Es wird also weitergehen mit dem Fachtag und es wird hoffentlich bald feststehen, wo die nächste Station ist.
Dieser Fachtag ist eine Kooperation von:
Andersraum Hannover, Beauftragte für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt der Landeshauptstadt Hannover, Intergeschlechtliche Menschen e.V., Intergeschlechtliche Menschen Landesverband Niedersachen e.V., Kompetenzzentrum für geschlechtersensible Medizin an der Medizinischen Hochschule Hannover, Landeskoordination Inter* und Landesfachstelle Trans* im Queeren Netzwerk Niedersachsen e.V., Region Hannover.
Vielen Dank für die Förderung:
Techniker Krankenkasse, Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung